UKE Talk | Infektionsforschung im UKE
Shownotes
Dass es eine nächste Pandemie oder Endemie geben wird, steht für die Direktorin des Instituts für Infektionsforschung und Impfstoffentwicklung, Prof. Dr. Marylyn Addo (LINK), im aktuellen UKE Talk mit dem Ärztlichen Direktor, Prof. Dr. Christian Gerloff, außer Frage. Deswegen müsse man aus der COVID-19-Pandemie lernen und sich noch besser vorbereiten. Im UKE ist die Infektionsforschung schon seit längerem ein Schwerpunkt. Die Forschenden arbeiten an präventiven Impfstoffen unter anderem gegen MERS entwickelt, gleichermaßen wird auch zu therapeutischen Impfstoffen zum Beispiel gegen chronische Hepatitis B geforscht.
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00:00:01: UKE Talk – der Podcast zu Zukunftsthemen aus Hamburg und dem UKE.
00:00:06: Heute geht es um das Thema Infektionsforschung.
00:00:08: Zu Gast im Studio ist die Direktorin des Instituts für Infektionsforschnung und Impfstoffentwicklung
00:00:14: Professor Dr. Marylyn Addo.
00:00:16: Wir machen unsere eigenen immunsupprimierten Patienten
00:00:18: durch die Krebstherapie, durch rheumatische Therapien,
00:00:22: immunmodulatorische Therapien.
00:00:24: Das macht natürlich das Risiko für Infektionen größer.
00:00:26: Deswegen müssen wir uns mit viel mehr Infektionen beschäftigen.
00:00:28: Durch den Podcast führt der Ärztliche Direktor
00:00:31: und Vorstandsvorsitzende des UKE Prof. Dr. Christian Gerloff
00:00:35: Am UKE ist ja Infektionsforschung auch schon länger ein Schwerpunkt.
00:00:38: Deshalb bist auch du am UKE, unter anderem.
00:00:42: Herzlich willkommen zu einem weiteren UKE Talk.
00:00:44: Es geht heute wieder um Zukunftsthemen,
00:00:47: die das UKE, die die Freie und Hansestadt Hamburg betreffen.
00:00:50: Heute habe ich als Gast Frau Professor Dr. Marylyn Addo.
00:00:54: Sie ist seit 2013 als Internistin und Infektiologin im UKE,
00:01:00: leitet das Institut für Infektionsforschung und Impfstoffentwicklung.
00:01:04: Sie ist während der COVID-19-Pandemie einer sehr breiten Öffentlichkeit bekannt geworden
00:01:10: und hat unter anderem auch deswegen 2023 für ihre medizinischen
00:01:14: und wissenschaftlichen Leistungen das Bundesverdienstkreuz erhalten.
00:01:19: Wir haben lange immer wieder in der Klinik mal zusammengearbeitet
00:01:22: und kennen uns gut. Deshalb per Du.
00:01:24: Herzlich willkommen, Marylyn. Schön, dass du heute da bist.
00:01:27: Ja, Christian, vielen Dank. Ich freue mich, dass ich hier sein kann.
00:01:29: Wer während dieser COVID-Pandemie Nachrichten gesehen hat
00:01:33: – das haben ja wohl die meisten – ist sicherlich häufig auf deinen Namen gestoßen.
00:01:39: Während der Pandemie hast du es geschafft, immer wieder den Stand der Wissenschaft
00:01:44: auch Laien vernünftig so zu erläutern, dass man das verstanden hat.
00:01:47: Wie war diese Zeit für dich?
00:01:49: Einmal wissenschaftlich gesehen,
00:01:50: aber natürlich auch mit Blick auf diese plötzliche Bekanntheit.
00:01:54: Ja, das ist eine gute Frage. Wie viel Zeit haben wir?
00:01:57: Diese Zeit war ja eine Zeit,
00:01:59: die auf ganz vielen verschiedenen Ebenen sehr intensiv war.
00:02:01: Also zum einen auf der klinischen Seite, auf der wissenschaftlichen Seite
00:02:04: und auf dieser Öffentlichkeitsarbeitsseite.
00:02:07: Ich fand, wenn ich mich zurückerinnere, die Zeit hier im UKE,
00:02:10: wie wir klinisch zusammengekommen sind, als Institution, auch mit dem Krisenstab,
00:02:14: wie die Teams auf den Stationen intensiv in der Infektiologie,
00:02:18: diesen auf einmal plötzlichen Ansturm von Patienten bewältigen konnte
00:02:23: und auch die Mitarbeiter testen musste. Das war schon besonders.
00:02:26: Das war intensiv für das klinische Team, für alle Beteiligten, für mich und ...
00:02:31: aber trotzdem war es natürlich auch eine spannende Zeit,
00:02:33: weil wir ganz am Puls der Zeit halt waren und da mitgestalten konnten.
00:02:37: Während viele zu Hause gesessen haben im Homeoffice,
00:02:39: durften wir zur Arbeit gehen und haben halt großen Impact gehabt.
00:02:42: Und ich bin da ganz stolz aufs UKE, dass wir da gemeinsam schaffen konnten.
00:02:46: Wissenschaftlich haben wir auch versucht, da uns ja
00:02:50: einen Teil beizutragen zum neuen Kenntnisstand.
00:02:54: Und das war zur einen – und das hatten wir ja schon
00:02:57: vor einigen Jahren gemacht, dass wir ein Studienprotokoll hatten,
00:03:00: das auch jetzt noch da ist für solche Eventualitäten,
00:03:03: dass man dann diese Patienten nach ihrer Einwilligung,
00:03:07: die COVID-Patienten mit den neuen, der neuen Erkrankung untersuchen konnte.
00:03:10: Was haben die für Immunantworten?
00:03:11: Und wir konnten diese Ethik nutzen für viele Abteilungen,
00:03:15: die Nephrologie im UKE und dann als UKE konnten wir
00:03:20: zum Verständnis dieser neuen Erkrankung ganz viel beitragen.
00:03:23: Das war schon mal auch intensiv, aber halt besonders.
00:03:27: Wir haben im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung auch versucht,
00:03:30: nicht nur in der Therapie oder im Verständnis der Erkrankung
00:03:33: halt voranzukommen, sondern haben halt auch einen eigenen Impfstoff
00:03:37: entwickelt mit UKE als Sponsor.
00:03:40: Das ist ja auch eine große Verantwortung für eine Institution.
00:03:43: Dieser Impfstoff ist dann nicht auf den Markt gekommen,
00:03:44: weil er nicht, also gut genug gewirkt hat, sage ich mal so.
00:03:48: Die Folgeversion war dann sehr immunogen, aber dann gab es halt schon verschiedene Impfstoffe.
00:03:53: – Das ist … – Aber er hat grundsätzlich gewirkt?
00:03:55: Ja, ja, doch, der zweite, die zweite Version.
00:03:57: Und der letzte Teil der Frage war so ein bisschen diese große persönliche Aufmerksamkeit.
00:04:02: Wie hast du das erlebt?
00:04:04: Also, es ist ganz ungewohnt, natürlich.
00:04:07: Ich glaube, wir beide haben ja
00:04:08: damals in der Ebola-Zeit schon, als der Ebola-Patient da war ...
00:04:11: das war für mich mein erstes Schockerlebnis mit der Öffentlichkeitsarbeit,
00:04:15: die mir aber jetzt, glaube ich, zugutegekommen ist.
00:04:17: Also das fand ich damals schon ein bisschen traumatisch,
00:04:20: weil da war ich überhaupt nicht darauf vorbereitet.
00:04:23: Diese Erfahrung hat mir sicherlich schon so ein bisschen
00:04:26: Vertrautheit mit auch der Pressearbeit mitgegeben.
00:04:31: Dennoch war es halt schon sehr ungewohnt für mich.
00:04:34: Ich habe das gerne gemacht und habe mich da auch in der Verpflichtung gesehen.
00:04:37: Ich bin schließlich hier ans UKE als Professorin für Emerging Infections hingekommen.
00:04:41: Das ist dann Part of the Job und ich wollte auch gerne einen Beitrag leisten,
00:04:46: diese große Angst und die Verunsicherung irgendwie auflösen zu können
00:04:51: oder dazu einen Beitrag zu leisten, dass das halt besser wird.
00:04:53: Also insofern, das waren die guten Sachen,
00:04:55: aber es ist natürlich diese Exponiertheit kam natürlich nicht nur mit
00:05:00: schönen Erlebnissen,
00:05:02: sondern das erlebt man ja auch jetzt heutzutage durch die Social Media.
00:05:06: Da ist natürlich auch die eine oder andere Anfeindung dabei gewesen.
00:05:10: Und wenn man halt auch als Frau mit Migrationshintergrund
00:05:13: ist es vielleicht noch mal, vielleicht noch mal ein Ticken kühler der Wind.
00:05:18: Aber da muss ich auch sagen, hat das UKE mir sehr den Rücken gestärkt.
00:05:21: Also, das haben wir mit der Unternehmenskommunikation
00:05:24: ja gut, dann halt gehandelt
00:05:27: und insgesamt blicke ich da auch versöhnt drauf zurück.
00:05:33: Das kennen wir ja in unseren Jobs nicht so, und wenn man dann so
00:05:37: prominent vorne steht, dann gibt es natürlich einfach Systemgegner,
00:05:41: Impfgegner, Forschungsgegner:innen, wie auch immer,
00:05:44: die sich dann an einem abarbeiten.
00:05:48: Ja, das Thema COVID war ja auch so emotional,
00:05:50: das Thema Impfen ist auch emotional oft oder kontrovers und insofern ...
00:05:55: Ich kann mich noch gut erinnern, das war am 27. September 2012:
00:06:00: Da hatte ich mal als Kongresspräsident der Deutschen Gesellschaft für Neurologie
00:06:05: einen der berühmtesten Neurologen der Welt eingeladen, Mark Hallett,
00:06:09: von den National Institutes of Health.
00:06:11: Und ich hatte den spontan damals nur gefragt:
00:06:13: „Halt doch bitte einen Vortrag über ein wirklich weltbewegendes,
00:06:17: wichtiges Thema, so Neurology worldwide".
00:06:19: Und dessen Punchline war:
00:06:23: Wir denken nur, dass wir mit Schlaganfall, Parkinson, MS usw. ein Problem haben.
00:06:28: Die wirklichen Herausforderungen sind infektiologische Erkrankungen
00:06:31: und das hat damals 2012 ungefähr 5000 Zuhörende in dem Hörsaal echt überrascht.
00:06:37: Er war aber eben sehr international unterwegs in allen Kontinenten,
00:06:41: und im Grunde genommen haben wir erst sieben Jahre später dann mit der Pandemie
00:06:46: diesen Fokus in der Öffentlichkeit auch so richtig gehabt.
00:06:49: So habe ich es zumindest empfunden.
00:06:51: Und am UKE ist ja Infektionsforschung auch schon länger ein Schwerpunkt.
00:06:55: Deshalb bist auch du am UKE, unter anderem gerade jetzt mit
00:07:00: dem neuen Sonderforschungsbereich „Emerging Viruses: Pathogenese, Struktur, Immunität“
00:07:06: und der Gründung deines Instituts.
00:07:08: Und die Frage ist: Warum ist es denn so wichtig,
00:07:10: die Infektionsforschung auch jetzt mal unabhängig von COVID-19 zu stärken?
00:07:15: Und wie ist deine Sicht auf zukünftige Herausforderungen in der Medizin?
00:07:19: Siehst du das so wie der Mark Hallett?
00:07:21: Oder ist es vielleicht jetzt auch ein bisschen overrated –
00:07:26: nach der Pandemie sind alle übersensibel.
00:07:28: Wie siehst du das?
00:07:29: Ich sage immer, die Neurologen waren schon immer visionär.
00:07:32: – Ihr habt es verstanden. – Ja.
00:07:34: Aber ich glaube, der hat ja schon auch recht.
00:07:37: Also es gibt da, glaube ich, so perspektivisch verschiedene Überlegungen.
00:07:41: Zum einen, ich bin ja auch Fußballfan, heißt es nach dem Spiel ist vor dem Spiel
00:07:44: und nach der Pandemie ist sicherlich auch vor der Pandemie.
00:07:47: Oder lassen wir es mal Epidemie sein, also gar nicht unbedingt Pandemie.
00:07:51: Aber dass wir uns auf ein neues Event vorbereiten müssen
00:07:54: oder daraus lernen müssen, aus der letzten, um noch besser vorbereitet zu sein,
00:07:58: das ist gesetzt, wenn man sich nur mal für Coronaviren anschaut,
00:08:03: also die letzten 20 oder sagen wir 25 Jahre, da hatten wir drei große Ausbrüche.
00:08:07: Also,die meisten erinnern sich nicht mehr an SARS.
00:08:10: Das war 2002/2003, dann 2012/13 war es MERS,
00:08:14: das Middle East Respiratory Syndrome, und jetzt halt COVID.
00:08:17: Das sind wirklich nur drei Corona-Viruserkrankungen und dazu kommen ja noch Epidemien.
00:08:22: Wir hatten schon Epidemien mit Influenza
00:08:24: und man erinnert sich noch an die Schweinegrippe in Anführungsstrichen.
00:08:27: Wir haben jetzt die Vogelgrippe, die zwar noch
00:08:30: vor allem im Tierreich grassiert, aber ja durchaus jetzt auch
00:08:35: Bewegungen gemacht hat oder
00:08:37: sich entwickelt hat in einer Richtung, die uns schon Sorge bereitet.
00:08:41: Und wir hatten ja 1918 auch die große Grippe –
00:08:43: dass man sich noch mal auf eine Grippepandemie vorbereiten muss,
00:08:46: das ist auch irgendwie klar.
00:08:47: Also dieser ganze Kontext Ausbrüche
00:08:51: und wir sagen jetzt, wir reden jetzt von großen Ausbrüchen,
00:08:53: die kleinen Ausbrüche, die – von denen die meisten nicht mehr so viel mitbekommen –,
00:08:57: die laufen ja weiter: Ebola, Marburg.
00:08:59: Wir hatten gerade einen Marburg-Fall ja selbst hier im UKE, einen Verdachtsfall am UKE,
00:09:03: also das ist glaube ich etwas, was uns sicher weiter beschäftigen wird.
00:09:07: Aber darüber hinaus haben wir natürlich ganz andere Probleme, selbst in den,
00:09:12: in allen Fachgebieten,
00:09:12: selbst wenn ich gesagt habe, Cancer und oder Krebserkrankungen
00:09:17: oder kardiovaskuläre Erkrankungen sind die Major Killers.
00:09:20: Auch in diesen Fachbereichen gibt es ja Infektionen.
00:09:22: Also, wir machen unsere eigenen immunsupprimierten Patienten
00:09:25: durch halt die Krebstherapie,
00:09:27: durch rheumatische Therapien, immunmodulatorische Therapien.
00:09:30: Das macht natürlich das Risiko für Infektionen größer.
00:09:33: Deswegen müssen wir uns mit viel mehr Infektionen beschäftigen.
00:09:36: Dann haben wir
00:09:38: in der Kardiologie zum Beispiel, nicht nur in der Kardiologie,
00:09:40: wir setzen überall Plastik rein, wir setzen neue Klappen ein, wir setzen neue Gelenke ein,
00:09:45: Hüfte, Schulter, Knie und auch da kommt es zu prothetischen Infektionen.
00:09:49: Das machen wir mehr, die Leute werden älter,
00:09:51: also damit müssen wir uns beschäftigen.
00:09:53: Und da sind wir auch aus der Infektiologie im Konsildienst auch unterwegs.
00:09:58: Also ich glaube, ganz viele Fachbereiche sehen ja, was für Infektionen
00:10:03: es auch gibt, also diese Themen, die sind sehr fachübergreifend.
00:10:06: Das ist also das zweite, das erste ist Pandemien, Epidemien, dann halt
00:10:10: Infektiologie ist überall im Grunde genommen.
00:10:13: Ein weiterer Aspekt ist ja, dass wir jetzt in den letzten Jahren
00:10:17: zunehmend Antibiotikaresistenzen haben und wir absehen können,
00:10:22: dass einige Infektionen halt gar nicht mehr mit verfügbaren Antibiotika
00:10:26: behandelt werden können.
00:10:27: Das ist sicherlich auch ein Thema, das auf uns zukommt.
00:10:29: Da gibt es ja Projektionen, dass halt die Todesraten,
00:10:33: die sich direkt auf Antibiotikaresistenzen,
00:10:35: also auf Infektionen, die nicht mehr behandelt werden können,
00:10:38: auch rasant steigen werden in den nächsten Jahren.
00:10:40: Gleichzeitig werden keine Antibiotika mehr entwickelt.
00:10:43: Das ist sicherlich auch etwas, was halt noch mal
00:10:45: den ganzen Themenkomplex auch noch mal besonders wichtig macht.
00:10:49: Eine Frage: Du bist ja Fachärztin für Innere Medizin
00:10:52: und Fachärztin für Infektiologie und Tropenmedizin.
00:10:56: Und die Frage ist: Wie bist du überhaupt in die Richtung gekommen?
00:11:00: Was hat dich zur Infektionsforschung und Medizin gebracht?
00:11:03: Ja, also zum einen habe ich bestimmt so eine gewisse Affinität
00:11:08: zu tropenmedizinischen Themen entwickelt, weil mein Vater ja aus Ghana war.
00:11:12: Also, da ist man halt mit dem Land
00:11:14: und mit Malaria und „Papa, was hast du denn da für eine Narbe am Bein?“
00:11:18: Und dann ist das Schistosomiasis gewesen.
00:11:21: Also da hat man sich vielleicht noch mal ganz anders beschäftigt.
00:11:23: Das hat mich immer schon fasziniert.
00:11:25: Aber das, was mich dann zur Infektiologie gebracht hat
00:11:27: war im Grunde genommen ein Zufall.
00:11:29: Ich habe nämlich
00:11:30: keinen Praktikumsplatz bekommen
00:11:32: in der Pädiatrie während meines Auslandsjahrs in Straßburg.
00:11:35: Und das einzige, was es noch gab an Praktikumsplatz war die HIV-Station.
00:11:40: Und dann habe ich tatsächlich ein Praktikum gemacht auf der HIV-Station
00:11:43: bei einem sehr charismatischen Professor.
00:11:45: Und es hat mich fasziniert, weil es halt auch zu dem Zeitpunkt,
00:11:48: als ich es gemacht habe, war es auch ganz neu – so in den 80ern –
00:11:52: wollte keiner hin, Stigma,
00:11:54: also das, was halt Infektionskrankheiten oft ausmacht.
00:11:57: Es ist ja gerade global oft so,
00:11:59: dass Infektionskrankheiten etwas mit Ausgrenzung zu tun haben,
00:12:04: Flucht, Armut, Stigma halt für HIV.
00:12:07: Und das hat mich halt fasziniert, dass es mehr ist als nur das Virus
00:12:10: und nur die Therapien, sondern ein größeres Paket.
00:12:13: Und dann habe ich halt meine Doktorarbeit
00:12:15: in dem Bereich gemacht und dann war ich verloren, sozusagen.
00:12:19: In deinem Institut erforschst du mit deinem Team
00:12:23: wiederauftretende Viren wie Ebola, Coronaviren,
00:12:26: im Sonderforschungsbereich Therapie- und Präventionsmöglichkeiten.
00:12:32: Kannst du uns so ein bisschen
00:12:33: einen kurzen Überblick über deine Arbeitsschwerpunkte geben
00:12:36: und so die Frage: Hast du so was wie so einen wissenschaftlichen Traum?
00:12:40: Also, so ein ultimatives Ziel, was du gerne erreichen würdest?
00:12:45: Ich fange mal damit an, was wir so machen gerade.
00:12:47: Unser Institut macht Impfstoffentwicklung, aber auch Infektionsforschung,
00:12:51: also, unsere Impfstoffprojekte sind
00:12:54: auf der einen Seite auf der präventiven Seite, also vorbeugende Impfstoffe.
00:12:57: Und da ist jetzt unser größtes Projekt ein Impfstoff gegen MERS,
00:13:00: dieses Middle East Respiratory Syndrome
00:13:03: und da haben hier in Hamburg mehrere Studienteilnehmer mitgemacht.
00:13:07: Und wir versuchen jetzt, diesen Impfstoff sozusagen
00:13:10: zu einem Emergency Stockpile zu bekommen und da
00:13:12: 100.000 Dosen von zur Verfügung zu stellen und als eine größere Studie zu machen
00:13:17: in einem der betroffenen Länder, Saudi-Arabien, Katar,
00:13:21: das ist noch nicht so ganz klar. Dann machen wir aber nicht nur vorbeugende
00:13:25: oder präventive Impfstoffe, sondern wir sind in einem
00:13:28: Impfstoffprojekt, wo auch das UKE dankbarerweise der Sponsor ist.
00:13:31: Und wir versuchen Menschen mit chronischer Leberentzündung,
00:13:36: chronischer Hepatitis B, zu heilen und also ein therapeutischer Impfstoff.
00:13:42: Wir machen natürlich auch Studien im Rahmen des Netzwerks Universitätsmedizin.
00:13:47: Da gibt es ein Fachnetzwerk Infektionen, da ist das UKE jetzt auch
00:13:52: letztes Jahr ein Mitglied geworden in einem kompetitiven Prozess.
00:13:56: Da sind wir sehr glücklich drüber.
00:13:58: Und in diesem Kontext machen wir mehr klinische Forschung und an
00:14:01: Blutstrominfektionen, gastrointestinalen Infektionen, neurologischen Infektionen.
00:14:06: Und das fängt dieses Jahr erst so richtig an!
00:14:11: Wir interessieren uns auch dafür, die Immunantwort zu verstehen.
00:14:14: Also wir sind ja in einer Forschungsgruppe unterwegs
00:14:17: über sex differences – oder Geschlechtsunterschiede –
00:14:20: in der Immunität, und das gibt es auch bei Impfstoffen
00:14:22: und das versuchen wir besser zu verstehen.
00:14:25: Also unser Forschungsportfolio ist relativ bunt.
00:14:29: Du hattest jetzt gerade gefragt: Was ist mein Holy Grail, wo soll es hingehen?
00:14:34: Das kann ich gar nicht so richtig in einen Satz fassen.
00:14:37: Also, was ich mir so wünschen würde perspektivisch, wäre,
00:14:40: dass wir es schaffen, in der Welt impfpräventable Erkrankungen auszurotten.
00:14:45: Das haben wir ja schon mal geschafft mit den Pocken – Smallpox.
00:14:49: Und eigentlich gibt es auch Erkrankungen, bei denen das möglich wäre,
00:14:53: wo wir auch schon ganz nah dran waren,
00:14:54: wo nämlich der Mensch das einzige Reservoir ist.
00:14:57: Und das sind Masern und Polio.
00:14:59: Also, wenn am Ende meines Lebens ich zurückblicken kann und sagen kann,
00:15:02: das gibt es auch nicht mehr, das wäre total toll.
00:15:04: Das ist allerdings nicht unbedingt etwas, was ich zumindest biowissenschaftlich
00:15:08: umsetzen muss, weil die Impfstoffe gibt es und da gibt es andere Themen.
00:15:12: Was man so perspektivisch sich vorstellen könnte, auch so mit KI und Personalized Medicine
00:15:17: wäre so – und das ist vielleicht so ein bisschen Crazy Dream – aber dass Leute …
00:15:21: beginnen wir zum Beispiel bei Impfstoffen momentan:
00:15:23: Dick, dünn, jung, alt, kriegen alle den gleichen Impfstoff.
00:15:26: Man könnte sich vorstellen – oder Mann, Frau –,
00:15:29: dass man halt irgendwann mal so irgendwo
00:15:31: vielleicht in deiner Uhr sagen kann Aha, der Herr Gerloff,
00:15:35: er ist so und so groß und so schwer, Mann, der braucht für den Impfstoff die Dosis.
00:15:39: Und vielleicht kann man es dann auch mit einem
00:15:42: gedruckten Impfstoffpflaster zum Beispiel verabreichen.
00:15:46: Das fände ich natürlich hervorragend.
00:15:47: Und also noch mal Bigger Picture:
00:15:50: Ich habe ja mit HIV angefangen im Grunde genommen.
00:15:52: Das ist eine der Erkrankungen, wo es halt noch keinen Impfstoff gibt.
00:15:54: – Ja.
00:15:55: Wenn da die Reise mal hingehen könnte, dass wir auch für solche großen Killer,
00:16:00: das ist HIV, Tuberkulose und Malaria, Impfstoffe hätten,
00:16:03: das wäre schon …
00:16:04: das wäre das beste!
00:16:05: Ja, und sehr große, wichtige Ziele.
00:16:10: Wir haben ja auch in diese Richtung
00:16:12: jetzt ein Exzellenzcluster beantragt, das sich sehr stark mit dem Thema
00:16:18: Infektiologie, Immunologie beschäftigt, heißt „Gateways zu Health“.
00:16:23: Und es geht darum, wie Krankheitserreger das globale Leben prägen.
00:16:28: Da sind die Geisteswissenschaftler, Sozialwissenschaftler:innen dabei,
00:16:31: und es geht um Entstehung von Infektionskrankheiten, gesellschaftliche Auswirkungen.
00:16:36: Die Entscheidung erwarten wir ja dann irgendwann Ende Mai.
00:16:39: Eine große Frage vielleicht für
00:16:44: unsere Zuhörenden und Zuschauenden auch noch mal:
00:16:47: Du bist ja, du hast ja eine ganz wichtige Rolle
00:16:49: in diesem Clusterantrag und vertrittst auch das UKE.
00:16:53: Was ist die Rolle des UKE,
00:16:55: also was ist so der Kern unserer Leistung in dem Clusterantrag?
00:17:00: Ja, also wir haben ja diesen Antrag geschrieben
00:17:02: mit 25 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern
00:17:05: und sieben davon sind ja UKE-assoziiert.
00:17:08: Also, wir sind ja schon eine große, große Gruppe.
00:17:12: Also, das ist ja ein Antrag, der vor allem diesen transdisziplinären
00:17:16: Aspekt und nicht nur interdisziplinär nach vorne bringt.
00:17:19: Und das kommt, ist dem geschuldet, dass für Infektionskrankheiten –
00:17:23: ich hatte es ja schon mal angesprochen – dass gerade bei Infektionskrankheiten
00:17:26: es oft um so viel mehr geht als nur die Therapie oder den Impfstoff
00:17:31: auf der wissenschaftlichen, biomedizinischen Seite,
00:17:33: sondern dass sehr viele andere Aspekte eine Rolle spielen.
00:17:36: Das haben wir in der Pandemie sehr deutlich erfahren.
00:17:40: Man kann auch die tollsten Impfstoffe herstellen oder entwickeln.
00:17:43: Wenn die nicht angenommen werden
00:17:44: zum Beispiel von einer Gesellschaft, dann ist das ein Problem.
00:17:48: Und deswegen freuen wir uns eigentlich.
00:17:50: Und es war auch schon die Reise hierhin war schon eine tolle Reise,
00:17:53: auch dieses Miteinander und viele Leute fragen sich ja,
00:17:57: was kann denn der Philosoph dem Strukturbiologen sagen, was …
00:18:00: macht das denn Sinn irgendwo?
00:18:02: Aber es gibt tatsächlich Beispiele und Impfstoffe sind da
00:18:05: wahrscheinlich ein Gutes, wo man es genau durchexerzieren kann.
00:18:08: Also, man muss halt, man braucht die Strukturbiologen,
00:18:11: um das Virus zu verstehen und zu verstehen, wo ist das Virus eigentlich vulnerable.
00:18:15: Dann haben wir das – da sind auch UKE-Wissenschaftler
00:18:18: mit dabei zu verstehen, was für eine Sequenz braucht es im Impfstoff?
00:18:23: Das wird da auch mit UKE-Beitrag beforscht.
00:18:26: Und der sozialwissenschaftliche, gesellschaftswissenschaftliche Teil,
00:18:30: der beschäftigt sich dann auch mit der Frage Impfmüdigkeit,
00:18:34: Impfverunsicherung, aber auch historisch, was hat man gelernt?
00:18:39: Und dann gibt es auch den klinischen Teil, die Studie zu machen
00:18:42: und den Impfstoff an den Mann und an die Frau zu bringen.
00:18:45: Also, da kann man den ganzen Bogen spannen,
00:18:47: und ich glaube, das wird ganz spannend.
00:18:49: Tolles Projekt!
00:18:50: Jetzt kommt zum Schluss noch mal
00:18:51: eine obligatorische Frage, die ich allen meinen Gästen stell‘.
00:18:55: Und zwar: Du bist jetzt nun mal UKElerin, arbeitest hier jeden Tag,
00:18:59: aber du arbeitest ja in deinem Bereich.
00:19:01: Und die Frage ist, wenn du jetzt mal frei auswählen könntest,
00:19:05: in welchem Bereich des UKE würdest du gerne mal reingucken, einen Tag arbeiten?
00:19:11: Also, ich hätte da, glaube ich, zwei Ideen.
00:19:14: Zum einen so eine klinische Idee.
00:19:15: Ich glaube, ich würde gerne mal mitlaufen, einen Tag in der Geburtshilfe,
00:19:20: Kreißsaal, Morgenbesprechung und das finde ich, glaube ich, sehr spannend.
00:19:24: Ich bin ja auch mit Teil der Sonderforschungsbereichs-Initiative
00:19:29: von Frau Arck und Anke Diemert und insofern habe ich da, wir wollen da
00:19:33: was zu mütterlicher Impfung machen und Impfungen in der Schwangerschaft
00:19:38: und das wird mir total Spaß machen, glaube ich, klinisch.
00:19:42: Und was mich aber total fasziniert, wir sind ja so ein großer Arbeitgeber,
00:19:46: – über 11.000 ... – 16.000 …
00:19:48: … 16.000.
00:19:49: 16.000 – ja, also, genau das!
00:19:52: Und ich habe mal ein Rekrutierungsvideo gesehen von der KLE
00:19:56: und ich würde total gerne mal nach Norderstedt und Stapelwagen fahren, ganz ehrlich!
00:20:01: Gabelstapler fahren?
00:20:02: – Ja. – Ja super!
00:20:03: Sehr gut.
00:20:04: Ich danke dir ganz herzlich fürs Kommen
00:20:07: und für deine vielen Einblicke, die du uns gegeben hast.
00:20:10: Und ich danke Ihnen ganz herzlich dafür, dass Sie heute dabei waren.
00:20:14: Und bis zum nächsten Mal. Tschüss!
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